Der Blick von außen: Sorglos, Sicher, Smart
Das sind die Eindrücke, die Anne Christern, angehende Wissenschaftsjournalistin, zum Thema Smart Energy sammeln konnte.
Sorglos, Sicher, Smart
Fernbedienungen, Smartphones und Massagestühle – Sie sind der Meinung, bequemer kann es nicht mehr werden? Falsch gedacht: Denn Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt forschen an einem Smart-Home-System, dass sich an die Vorlieben der Hausbewohner anpasst. Fritz zum Beispiel muss sich in seinem Haus um fast gar nichts mehr kümmern.
Fritz ist noch im Tiefschlaf, als plötzlich das Licht in seinem Schlafzimmer angeht – mitten in der Nacht. „Zeit zum aufstehen“, denkt er sich und geht, noch im Schlafanzug, ins Wohnzimmer. Als er hereinkommt springt der Fernseher an und zeigt die Lieblings-Kochsendung des Schichtarbeiters. Fritz friert ein wenig, doch als sich die Fußbodenheizung von alleine einstellt, ist das Problem schnell gelöst. So verläuft der Morgen ohne große Anstrengungen und Fritz kann entspannt zur Arbeit gehen. Doch Fritz ist nicht wirklich ein Mensch – er ist nur eine Puppe in einem Puppenhaus. Einem Puppenhaus, das von Forschern des Fachgebietes für Multimedia Kommunikation der Technischen Universität Darmstadt zu Demonstrationszwecken entwickelt wurde. Das Puppenhaus symbolisiert ein sogenanntes Smart-Home-System, das sich an die Vorlieben der Hausbewohner anpasst.
Das Puppenhaus existiert nun schon seit vier Jahren und wird von den Forschern immer weiterentwickelt.Es ist ein Beispiel für ein verteiltes Sensorsystem: Denn verschiedene Sensoren, die sich in den Zimmern befinden, erfassen Umgebungsparameter, wie das Wetter oder die Bewegung von Personen im Haus. So kann das Haus reagieren: Wenn es hell genug ist, kann es die Lichter ausschalten. Es merkt, wenn Fritz den Raum betritt, da er einen Sensor bei sich trägt. Es reagiert darauf, indem es sein Lieblingsprogramm einschaltet. In der Praxis sollen die Bewohner natürlich nicht durch einen Sensor, den sie bei sich tragen, in ihrem Verhalten eingeschränkt sein. Deswegen können Bewohner auch anhand ihres Smartphones vom Haus erkannt werden.
Fritz kommt nach der Arbeit erschöpft nach Hause. Er ist so geschafft, dass er nur noch auf dem Sofa liegen und ein wenig fernsehen möchte. Was er nicht merkt: Sein Chef versucht ihn zu erreichen. Denn das Smart-Home-System sieht, in welcher Situation sich Fritz befindet und weiß, dass ein Anruf seines Chefs ihn jetzt negativ stressen würde. So hilft das System, die Work-Life-Balance zu verbessern: Für seinen Chef ist Fritz nach Feierabend nicht erreichbar.
Und wie Fritz können sich bald auch Privatpersonen fühlen, die sich ein solches System für ihr Eigenheim anschaffen. Momentan sind jedoch nur Smart-Home-Systeme auf dem Markt, bei denen die Daten, die von den Sensoren erfasst werden, an eine Cloud weitergegeben werden. Das heißt: Bei Sicherheitsproblemen wäre der Zugriff auf die Daten möglich. Wenn ein Krimineller zum Beispiel den aktuellen Energieverbrauch des Hauses einsehen kann, kann er daraus schließen, ob die Bewohner zuhause sind. „Das kann man nur vermeiden, wenn man es schafft, die komplette Datenverarbeitung so dezentral wie möglich zu machen“, sagt Frank Englert, der seit zweieinhalb Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter unter anderem an der Weiterentwicklung der Puppenhaus-Demo beteiligt ist. Das heißt: Daten sollten nur lokal von einer zentralen Steuerinstanz im Haus gespeichert und verarbeitet werden. So wären die Bewohner in ihrer Privatsphäre nicht eingeschränkt. Damit man trotzdem mit dem Smartphone auf das System zuhause zugreifen kann, obwohl die Daten dort nur lokal gespeichert werden, müssten die Internetinfrastrukturen aber noch verbessert werden. „Von der Seite der Forschung ist alles klar, die Internetanbieter müssen nachbessern“, so Englert.
Fritz ist so begeistert von seinem Smart-Home-System, dass er es nun auch seinem Chef weiterempfehlen möchte. Denn er weiß: Das System ist in großen Gebäuden nicht nur benutzerfreundlich und bequem, sondern spart auch viel Energie ein. Denn bei der Beleuchtung von Gebäuden werden ungefähr 50 Prozent der gesamten Energie verbraucht. Wenn man durch Sensoren ein adaptives Lichtmanagement möglich macht und das große Bürogebäude nur da beleuchtet wird, wo sich auch Personen aufhalten, dann kann der Chef seine Energiekosten senken und die Umwelt schonen. Diesen Tipp möchte Fritz seinem Chef weitergeben. Denn eigentlich mag er ihn ja schon – auch wenn er nach Feierabend nicht mehr mit ihm sprechen will.
Autorin: Anna Christern studiert Wissenschaftsjournalismus an der Hochschule Darmstadt im 6. Semester und arbeitet gerade an ihrer Bachelorarbeit. Im Rahmen des Seminars „Storytelling in der Technologiekommunikation“ hat sie sich mit dem Smart-Home-System auseinandergesetzt, an dem das Fachgebiet für Multimedia und Kommunikation der TU Darmstadt forscht.