Weiterbildung direkt in der Werkstatt: KFZ-Servicetechniker lernen mit Smartphone-App über Elektromobilität
Die Zahl der Elektroautos soll in den Jahren derart massiv erhöht werden. Es ist aber nicht allein damit getan Elektroautos zu bauen und zu verkaufen. Die gesamte Kfz-Branche muss sich auf diese neue Technologie einstellen, insbesondere die Kfz-Werkstätten. So braucht beispielsweise der Servicetechniker für die Wartung und Reparatur von Elektroautos neue Handlungskompetenzen und neues Hintergrundwissen. Es macht aber nur wenig Sinn dieses Wissen in klassischer Seminarform quasi „auf Vorrat“ zu lernen. Bei der doch noch geringen Anzahl von Elektro- oder Hybridfahrzeugen kann er das erworbene Wissen nur selten anwenden.
In unserem vom BMBF geförderten Forschungsprojekt MOLEM haben wir alternative Formen des Wissenserwerbs erprobt und dazu eine App entwickelt, die Servicetechniker im KFZ Handwerk unmittelbar in der Werkstatt zum Lernen nutzen kann. Schon heute stehen die Servicetechniker immer wieder vor Herausforderungen bei der Bearbeitung von Servicefällen, die sie ohne Hilfestellung nicht lösen können. Das war das Ergebnis einer umfassenden Umfrage (https://blog.multimedia-communications.net/mehr-flexibilitaet-dank-mobile-learning-mobiles-lernen-arbeitsplatz/) die wir zu Beginn des Projektes durchgeführt hatten. Typischerweise fragen die Techniker in solchen Fällen einen erfahrenen Kollegen oder recherchieren im Internet nach Hilfe. Beides ist aber mit Nachteilen verbunden. Der erfahrene Kollege ist bei einem Problem oft nicht vor Ort oder der Techniker weiß gar nicht welcher in einer anderen Unternehmenswerkstatt tätige Kollege helfen könnte. Die Suche im Internet liefert zwar eine Menge Ergebnisse, aber viele helfen nicht weiter.
KFZ Servicetechniker sehr zufrieden mit Lernunterstützung durch MOLEM App
Mit der von uns entwickelten App ändert sich diese Situation grundlegend: Der Servicetechniker kann nun mittels seiner Smartphone App seine Frage erfassen, mit Fotos oder Videos illustrieren und unmittelbar werden die Kollegen, auch während des Einsatzes außerhalb der Werkstatt oder an einem anderen Standort, über die neue Frage benachrichtigt. Die Kollegen, die Hilfestellung bieten können, können nun wiederum per App oder natürlich auch per Telefon unterstützen. Zusätzlich wurden von unseren Partnern im Projekt kleine Lerneinheiten entwickelt, die der Servicetechniker bearbeiten kann und die ihm bei seinem Problem helfen können. Je mehr das System genutzt wird umso mehr Antworten sind bereits vorhanden und es ist gar nicht mehr notwendig die Kollegen um Hilfe zu bitten. Unsere Forschung im Projekt beschäftigte sich mit der automatischen Bestimmung der aktuellen Tätigkeit der Servicetechniker. So kann unsere App die Fahrzeugdaten des zu reparierenden Fahrzeugs auslesen und so z.B. den Fahrzeugtyp und das Baujahr bestimmen. Damit können von den bestehenden Fragen/ Antwortpaaren dem Servicetechniker nur diejenigen angezeigt werden, die für den aktuellen Servicefall relevant sein können. Aber auch die Aktivitäten der Kollegen sind relevant. Erkennt unsere App, dass sich ein Kollege gerade im Notdiensteinsatz befindet, wird dieser Kollege nicht über eine neue Frage notifiziert. Er soll ja nicht gestört werden.
Die von uns zum Abschluss durchgeführte Evaluation in zwei Autohäusern mit mehreren Standorten zeigte, dass die Servicetechniker die neuen Möglichkeiten der App schätzen. Eine deutliche Mehrzahl der Befragten äußerte die Bereitschaft die MOLEM App langfristig zu nutzen. Im September hat Lena Després Detailaspekte unsere wissenschaftlichen Ergebnisse auch auf der DeLFI Tagung veröffentlicht.
Lernen und Wissensaustausch über lokale Grenzen hinweg und im mobilen Einsatz sind nicht nur im Kfz-Sektor gefragt. Das von uns in vier Unternehmen mit mehreren Standorten erprobte Modell lässt sich sicherlich in verschiedene Branchen übertragen. Je nach Einsatzszenario müssen aber Nutzergruppen innerhalb von Unternehmen, in Unternehmensverbünden oder offene Nutzergruppen innerhalb einer Branche gebildet werden. Der Servicetechniker im KFZ Handwerk wird die Fragen des Vertriebsbeauftragten für Finanzprodukte kaum beantworten können und nicht jeder Chef will, dass sein Mitarbeiter Fragen aus Konkurrenzunternehmen beantwortet. Jede Nutzergruppe hat eigene Fragen und Antwortbereiche. Insofern ist unsere App auch nicht im Playstore verfügbar, sondern kann nur Teil einer Lösung sein. Um einen Eindruck von der App und der Gesamtlösung zu vermitteln haben wir eine Demoplattform aufgebaut für den sich Interessierte eine Benutzerkennung beantragen können.
Ich finde das eine sehr schöne Art sich weiterzubilden und vor allem damit auch junge Arbeitnehmer abzuholen. Eine Weiterbildung im Marketing ist auf Papier auch nicht so spannend, wie wenn sie multimedial durchgeführt wird.
Grüsse
Brocho