Kommunikation und Übung sind Trumpf
Wie gehen universitäre Einrichtungen mit den Regelungen um COVID-19 um? Wir haben mit Dr. Patrick Lieser gesprochen, der sich um die Einrichtung angemessener Infrastrukturen kümmert. Seine Devise: organisieren, kommunizieren und viel üben.
Patrick, durch COVID-19 musste sich an unserem Fachgebiet für Multimedia Kommunikation sehr schnell, sehr viel ändern. Wie seid ihr das angegangen?
Es war klar, wir müssen Schwimmen lernen. Und zwar nicht mit Schwimmflügeln, sondern gleich richtig. Deshalb haben wir uns darauf eingestellt, unter diesen besonderen Bedingungen ein Jahr oder mehr den normalen Lehr- und Forschungsbetrieb fortführen zu können. Mit der klaren Regel von unserem Chef Prof. Ralf Steinmetz, dass alle ins Home Office gehen. Es gab zwei Bedingungen: alle handeln selbstverantwortlich und es muss ein Grundvertrauen in die Kolleg*innen da sein.
Welche konkreten Maßnahmen habt ihr ergriffen?
Es wurde direkt ein Server mit der Groupware Mattermost eingerichtet, wo mit der Integration von Big Blue Button auch Videochats möglich sind. Wir wollten unabhängig sein und unsere Arbeitsabläufe so gut wie möglich digital abbilden. Dazu gehörte auch das soziale Miteinander.
Wie ergänzt ihr die technischen Abläufe durch eine soziale Komponente?
Die soziale Komponente ist nicht ergänzend, ich halte sie für essentiell. Viele Ideen kommen bekanntlich beim informellen Gespräch an der Kaffeemaschine. Deswegen haben wir virtuelle Kaffeetreffs per Videochat etabliert. Das kann die physische Präsenz natürlich nicht ersetzen, aber es ist wichtig und man spürt, dass die anderen da sind und nicht jeder zum Einzelkämpfer mutiert. Derzeit planen wir virtuelle Räume, die wie Büros betreten werden und Leute sich besuchen können.
Mit welchen Problemen habt ihr zu kämpfen und wo ist noch Verbesserungsbedarf?
Alles will eingeübt werden, darauf muss man sich einstellen. Das gilt für die strukturelle und die individuelle Ebene. Ein Beispiel: zu viele Kommunikationskanäle etablieren schafft Chaos, denn wenn Nachrichten über WhatsApp, Telegram, Mattermost, E-Mail etc. aufploppen, verliert man den Überblick. Es muss klar priorisiert werden, wann welches Medium genutzt wird – und auch in welches man nach Feierabend nicht mehr reinschaut bzw. die Benachrichtigungen deaktiviert. Generell würde ich sagen, dass mehr Kommunikation und Organisation nötig sind, damit es rund läuft. Für jeden Einzelnen gilt: die Arbeit im Homeoffice erfordert es, selbst geschaffene Regeln einzuhalten. Dazu gehören ein fester Arbeitsbeginn und Feierabend, ohne sich die oft nötige Flexibilität zu nehmen. Die richtige Balance zu finden, ist Übungssache.
Was hat sich im Umgang mit den Kolleg*innen verändert?
Für die Kommunikation mit anderen muss man genau wissen, wann jemand erreichbar ist. Es ist für mich auch wichtig, den Gemütszustand zusätzlich zu erfragen. Ich sehe schließlich nicht sofort, ob jemand gestresst ist oder nicht. Da braucht es mehr Kommunikation als im direkten Kontakt, wenn der kurze Blick ins Büro nicht möglich ist und man nicht erkennt, ob gerade intensiv nachgedacht wird, Studenten betreut werden oder Mittagspause ist. Erst wenn diese Faktoren geklärt sind, kann ich adäquat mit jemandem zusammenarbeiten.
Hat sich auch etwas verbessert?
Ja, denn man merkt nun deutlich, welche Meetings wirklich nötig sind und überlegt sich dann zweimal, ob man sie abhält oder eine Mail auch ausreichend ist. Das schult den Blick und verbessert sogar einige alte Abläufe. Ansonsten bin ich begeistert, wie sehr alle zusammenarbeiten und der normale Betrieb einfach weitergeht. Wir schreiben weiterhin Projektanträge, machen Lehre und stellen neue Mitarbeiter ein. Einige jetzt erprobte Methoden und Techniken werden wir sicher auch nach Corona zu schätzen wissen und weiter nutzen. Trotzdem bin ich froh, wenn wir uns alle im Büro wiedersehen können.
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