„Die Hochschule wird durch die Digitalisierung gestärkt“
Johannes Konert startete als Student an der TU Darmstadt, promovierte als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Multimedia Kommunikation und ist nun Professor an der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Im Gespräch erzählt er mehr zur Karriere in der Wissenschaft – und zur Herausforderung, die die Digitalisierung für den Lehrbetrieb bedeutet.
Du kennst die Wissenschaft aus zwei Perspektiven: Als wissenschaftlicher Mitarbeiter und nun als Professor an der Hochschule. Was ist jetzt anders?
Eigentlich sogar aus drei Perspektiven: Student war ich auch mal. Als Professor bin ich frei in Lehre und Forschung. Ich kann also immer das unterrichten und erforschen, was ich für besonders wichtig halte. Im ganzen letzten Jahr kam nicht einmal jemand zu mir und sagte „kannst du mal eben“…dieser Luxus ist wohl der wesentliche Unterschied.
Man muss aber auch lernen, mit der Verantwortung für Projekte, Lehre, Korrektur, Abschlussarbeiten, Berufungen und Infrastruktur umzugehen. Was auch anders ist: Es fehlt die Unterstützung eines großen Teams dahinter. Projekte an Land ziehen und durchführen ist ohne Mitarbeiterstab ungleich schwieriger. Dafür gibt es jede Menge toller Kollegen, die einen in Projekte integrieren.
Du hast nicht nur die Position gewechselt, sondern auch die Lehrumgebung. Anstatt an einer Uni, dozierst Du nun an einer Hochschule. Fallen Dir Unterschiede auf?
Eine Besonderheit der Beuth Hochschule ist, dass die Studierenden überwiegend bereits eine Ausbildung gemacht haben oder nebenher arbeiten. Einige haben auch Familie. Das alles parallel zum Vollzeitstudium ist eine Herausforderung; auch für mich als Dozent. Zudem sind die Studierenden fitter in Programmierung mit Web-Technologien als in Darmstadt.
In Darmstadt kamen die Themen der Abschlussarbeiten überwiegend vom Fachgebiet. Hier kommen Studierende mit eigenen Themen. In circa 20 Prozent der Fälle auch direkt mit einem Firmenkontakt, wo die Arbeit betreut wird. Es kostet also einiges an Überzeugungsaufwand, den Mehrwert eines Forschungsthemas als Thesis aufzuzeigen.
Eines Deiner Forschungsthemen ist das selbst-regulierte Lernen mit Social Media. Du bist selbst in einer Lehrumgebung tätig, die Wissensvermittlung als Dienstleistung erbringt und davon lebt, dass diese nachgefragt wird. Auf der anderen Seite macht das Internet Wissen immer besser verfügbar, zu jeder Zeit und von jedem Ort.
Kritisch gefragt: Wie müssen sich Lehreinrichtungen im Kontext der Digitalisierung verändern, um nicht überflüssig zu werden?
Der Schluss, dass die Digitalisierung und Allzeit-Verfügbarkeit von Informationen ein Problem für die Hochschulen darstellen könnte, wird gerne gezogen. Ich halte den für falsch. Die neuen Möglichkeiten sind keine Gefahr und machen die Hochschule auch nicht überflüssig. Im Gegenteil.
In analogen Zeiten hatten Hochschulen auch keine Wissenshoheit. Jeder kann die Grundlagen in Büchern nachlesen. Es ging und geht um die Lebendigkeit von Wissen. In Hochschulen wird es vermittelt, diskutiert, hinterfragt, neu sortiert, erweitert, bestätigt, verworfen. Davon lebt die Hochschule. Das ist ihr Mehrwert.
Mit der Digitalisierung und Allzeit-Verfügbarkeit verstärkt sich der Bedarf, Inhalte zu sortieren, zu hinterfragen und zu bestätigen. Als Hochschuldozent gebe ich also Orientierung, Struktur und leite die Navigation im Datenchaos an, damit am Ende meines Kurses strukturiert vorgehende, kritisch bewertende Studierende sich in dieser Datenflut zurechtfinden.
Kurzum, die Hochschule wird gestärkt durch die neuen Möglichkeiten. Sie muss diese aber auch konstruktiv nutzen und nicht ignorieren.
Welchen Ratschlag würdest Du jungen Kollegen geben, die gerade am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere stehen?
Schaut nach Problemen jenseits der Informatik und löst diese mit Informatik.
Ich stehe ja selbst noch am Anfang. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus, kann ich jedem ans Herz legen, sich in interdisziplinärer Forschung zu engagieren. Schaut nach Problemen jenseits der Informatik und löst diese mit Informatik. Es gibt nichts abwechslungsreicheres.
Welche Schritte planst Du für Deine eigene Karriere?
Als nächstes möchte ich gerne die Habilitation abschließen. Und ich wünsche mir, dass innovative Projekte, facettenreiche Menschen und der Spaß an Lehre und Forschung weiterhin Teil meiner Arbeit bleiben, wie bisher.
Danke für das Gespräch!