Sensoren versus Privatsphäre – Wissenschaft in der Verantwortung
Sehen, riechen, hören, schmecken, tasten – mit den Sinnesorganen nehmen wir Reize aus der Umwelt auf, die unsere Wahrnehmung, unser Fühlen, Denken und schließlich unser Handeln bestimmen. Vergleichbar mit unseren Sinnesorganen sammeln elektronische vernetzte Sensoren Informationen über die Umwelt. Das Einsatzspektrum von vernetzten Sensoren ist dabei breit gefächert – Lautstärke und Tonhöhe, Luftfeuchtigkeit und Temperatur, Helligkeit und Strahlung, Lage und Standort, Beschleunigung, Bewegungsgeschwindigkeit und Druck. Gegenüber der menschlichen Wahrnehmung sind Sensoren dabei häufig deutlich empfindlicher, präziser und auch auf ein breiteres Spektrum ausgerichtet. So registrieren Geräuschsensoren etwa auch noch solche Töne, die unserem Gehör aufgrund einer zu geringen Lautstärke oder einer zu hohen Frequenz verborgen bleiben.
Aber moderne Sensoren können noch mehr: Sie sammeln nicht nur Daten, sondern werten die eingehenden Informationen auch autonom aus und kommunizieren untereinander über drahtlose Verbindungen. In einem solchen drahtlosen Sensornetz entscheiden die einzelnen Sensoren selbständig oder kooperativ und je nach Situation, mit welchen anderen Geräten sie eine Verbindung aufnehmen müssen, um optimal auf die Anforderungen der Situation zu reagieren oder ein Problem effizient zu lösen. Zukünftig werden drahtlose Sensornetze einen großen Einfluss darauf haben, wie wir mit unserer Umwelt interagieren. Sie werden uns bei unseren täglichen Aufgaben unter die Arme greifen und unterstützen, Mobilität und ubiquitäre Kommunikation weiter vorantreiben und dadurch unsere Lebens- und Arbeitswelt in weiten Bereichen vereinfachen und revolutionieren.
Ein bekanntes Anwendungsszenario für Sensornetze ist das Wohnen und Arbeiten in der Zukunft. Im Haus der Zukunft sind eine Vielzahl unterschiedlicher Sensoren integriert, die über ein Netzwerk miteinander kommunizieren. Das Gebäude ist dadurch in der Lage, autonom auf sich ändernde Bedingungen der Umwelt zu reagieren – Raumbeleuchtung und –temperatur werden selbständig an den aktuellen Aufenthaltsort der Bewohner angepasst, hat die Waschmaschine einen Defekt, informiert sie direkt einen Klempner, meldet der Luftdrucksensor ein drohendes Unwetter, schließen sich automatisch die Dachfenster. Ein weiteres Anwendungsszenario ist die kontextabhängige Bereitstellung von Informationen über mobile Endgeräte wie Smartphone oder Tablet, beispielsweise beim mobilen Lernen oder zur Orientierung in einer fremden Stadt. Auch bei der (Auto)mobilität der Zukunft werden vernetzte Sensoren eine große Rolle spielen. Hier sorgen die in die Geräte integrierten Sensoren dafür, dass dem Nutzer genau die Daten zur Verfügung gestellt werden, die er in der jeweiligen Situation benötigt – von Informationen zu den Sehenswürdigkeiten in der nächsten Umgebung bis zu Abfahrtszeiten des Busses an der nächsten Bushaltestelle.
Wissenschaft in der Verantwortung
Jedoch gilt auch hier: Jede Errungenschaft hat ihren Preis. Damit ein Haus sich an seine Bewohner anpassen kann, muss es deren Vorlieben kennen. Damit das Mobilfunkgerät unterwegs ortsrelevante und kontextspezifische Informationen empfangen kann, muss registriert werden, wo man sich zu welchem Zeitpunkt befindet. Kurz gesagt: Damit Sensornetze effektiv funktionieren können, benötigen sie eine große Menge an privaten Daten über uns und unseren täglichen Lebenswandel. Ich denke, dass sich die Technik der drahtlosen Sensornetze nur dann wirklich durchsetzen kann und darf, wenn der Aspekt der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt wird. Und dabei spielen wir Wissenschaftler eine entscheidende Rolle: Wir müssen diese kritischen Punkte schon bei der Entwicklung der neuen Technologie von Anfang an ganz oben auf unsere Prioritätenliste schreiben.