MAKI: Das Internet der Zukunft geht uns alle an
Ganz aktuell treffen sich bei der EM 2016 wieder tausende Menschen zum „Public Viewing“. Dabei wird auch das mobile Internet an die Belastungsgrenze gebracht. Denn viele Fußballfans schauen längst nicht mehr nur auf die Leinwand. Fast so wichtig wie der Sport ist es, sich selbst und andere zu fotografieren und zu filmen. Die Ergebnisse wandern direkt ins Internet.
Ein Selfie nach dem erfolgreichen Auftaktspiel dient als neues Facebook-Profilbild. Der Torjubel beim entscheidenden Elfmeter wird aufgezeichnet und auf YouTube geteilt. Der leere Bierbecher, der nach dem knapp verlorenen Finale einsam an der Straßenecke liegt, wird auf Instagram melancholisch-künstlerisch in Szene gesetzt. Und über private Messenger und Social Networks unterhalten wir uns synchron mit den Menschen, die nicht vor Ort sind. Facebook, Snapchat, Youtube, Twitter, Instagram, WhatsApp und viele andere: Mittlerweile gibt es eine kaum noch zu überschauende Anzahl an Services, die Nutzer dazu auffordern, multimediale Inhalte zu teilen.
Neben der Kommunikation zwischen Privatpersonen und innerhalb der Gesellschaft verändert sich durch neue digitale Kommunikationskanäle auch die Art, wie Unternehmen und Arbeitnehmer ortsunabhängig zusammenarbeiten. Dezentralisierte Strukturen können mithilfe des Internets einfacher realisiert werden. Im akademischen Bereich verändert besonders das mobile Internet die Art zu lernen. Information und Wissen sind jederzeit von überall verfügbar. Mit neuen Lerntechnologien können wir schneller und effizienter lernen als jemals zuvor.
Individualisierung und digitale Geschäftsmodelle: Das Internet verändert Wertschöpfungsketten
Auch in der Industrie und der Produktion nimmt die Heterogenität an Services sowie die zu übertragenden Datenmengen zu. Besonders der Faktor Individualität hat durch die Digitalisierung bei der Entwicklung und Herstellung neuer Produkte an Bedeutung gewonnen. Mittel- bis langfristig wird sich die Produktlandschaft zunehmend ausdifferenzieren, um Kundenansprüche weiterhin erfüllen zu können. Nach der „Long Tail“-Theorie fördert das Internet Nischenmärkte, in denen hochspezialisierte Angebote nachgefragt werden. Das ist ein wichtiger Bestandteil der Industrie 4.0.
Das Netz wird daher in Zukunft noch stärker als Wirtschaftsmotor fungieren. Der Einfluss breitet sich auf die gesamte Wertschöpfungskette aus. Bislang unbekannte Geschäftsmodelle entstehen, beispielsweise neue Unternehmen, die die riesigen Datenmengen aggregieren und aufbereiten, die im Internet täglich produziert werden. Diese Datenmengen bieten auch wirtschaftliches Potenzial, müssen aber erst nutzbar gemacht werden. Der neue Markt ist daher auch eine Chance für schon existierende Unternehmen, die bereits in Branchen außerhalb der IT agieren. Beispielsweise könnte eine Spedition Daten über die Fahrbahnbeschaffenheit sammeln und gewinnbringend einsetzen.
Und manchmal reicht schon eine App, um einen gesamten Wirtschaftszweig in eine Krise zu stürzen. Gute Beispiele dafür sind der Fahrerdienst Uber oder AirBnB. Auch Facebook hat seinen Anteil an den massiven Umbrüchen im Medienmarkt. Diese Services sind nicht nur aufgrund einer technischen Lösung erfolgreich, sondern weil sie für eine Zielgruppe konzipiert wurden, die mit dem Internet groß geworden ist und eine entsprechende Erwartungshaltung an Bedienkomfort und Kommunikation hat. Umso mehr sich Unternehmen auf digitale Dienste stützen, desto wichtiger ist es daher, dass diese stets verlässlich funktionieren.
In der Industrie 4.0 ist ein verlässlicher Datenaustausch ein entscheidender Erfolgsfaktor
Anstatt den Markt mit einer Vielzahl von Produktvariationen zu überschwemmen, müssen vielmehr zielgerichtet die Bedürfnisse einzelner Kundengruppen erfüllt werden. Diesen Herausforderungen können Unternehmen nur durch mehr und effizientere Kollaboration im Internet der Dinge begegnen, das durch digitale, vernetzte Technologien und Konzepte möglich wird.
Diese Entwicklung erhöht die Komplexität von digitalen Kommunikationsprozessen über verschiedene Schnittstellen hinweg, beispielsweise zwischen Maschinen und Web-Services. Grundlegend für den Erfolg der virtuellen Fabrik ist eine nahtlose Kommunikation aller Schnittstellen, vom Sensor im LKW bis zum Computer im Büro.
Im Sonderforschungsbereich MAKI (Multi-Mechanismen-Adaption für das künftige Internet) der DFG zum Internet der Zukunft forschen wir daran, wie man diesen Herausforderungen mit neuen Transitionen zwischen vielen Kommunikationsmechanismen begegnen kann. Wir sind davon überzeugt, dass es keine komplett neue Netzarchitektur braucht (ein sogenannter „clean-slate approach“), sondern dass wir auch in Zukunft eine gleichzeitige Existenz vieler vergleichbarer Mechanismen im Netz haben werden. Hochskalierende, flexible und transitionsfähige Kommunikationssyteme sind daher ein entscheidender Erfolgsfaktor für ein stabiles Netz der Zukunft und die Industrie 4.0.
Bei MAKI erforschen wir, wie die Übergänge zwischen den zahlreichen bestehenden Lösungen und Mechanismen möglichst nahtlos gestalten werden können. Das wesentliche Ziel ist es, adaptive Kommunikationssysteme als grundlegendes Prinzip im Internet der Zukunft zu etablieren. Das Ergebnis ist ein Netz, das auf jeden Wandel, wie auch immer dieser aussehen mag, angemessen reagieren kann.
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