Der Blick von außen: Gute Freunde kann niemand trennen
Das sind die Eindrücke, die Jan Michelsen, zukünftiger Online-Journalist, über den Sonderforschungsbereich MAKI gesammelt hat.
Gute Freunde kann niemand trennen
Menschenmassen und Handyempfang vertragen sich so gut wie der Teufel und das Weihwasser. Videos auf einem Volksfest schauen? Keine Chance. Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt wollen diesen Status Quo ändern. Im Sonderforschungsbereich „MAKI“ arbeiten sie mit einigen Kollegen in Darmstadt, Aachen und Champaign (Illinois) an einer Technologie, die das Übertragen von Videos auf mobilen Geräten revolutionieren könnte. Wir haben uns dieses Projekt einmal erklären lassen.
Felix hat ein Problem: Er liebt seine Freundin, aber auch den Fußball. Was ansonsten Hand in Hand geht, kann manchmal zu Problemen führen. Etwa wenn seine Freundin zum Darmstädter Heinerfest gehen will, am selben Tag aber Deutschland gegen Frankreich im WM-Viertelfinale spielt. Da Felix ein Gentleman der ersten Stunde ist, gewinnt im Zweifelsfall aber eine krosse Bratwurst gegen harte Zweikämpfe, ein süßgespritzter Apfelwein gegen tolle Tore oder schlicht und einfach: seine Freundin gegen den Fußball.
Aber Felix ist ein Fuchs. Er hat ein Smartphone und ist ausgestattet mit dem besten mobilen Internet. Dank Live-Stream im World Wide Web will er die Übertragung unterwegs schauen. Schon der Kaiser wusste: „Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein.“ Zumindest in der Theorie, denn wie so häufig: Viele Menschen, wenig Netz. Und wenig Netz bedeutet wenig Fußball. Eine aussichtslose Situation? Nein, denn genau an dieser Stelle tritt der Sonderforschungsbereich MAKI der TU Darmstadt auf den Plan. Der gute Felix ist zwar nur ein Beispiel, doch jeder kennt dieses Problem. Bei großen Menschenmassen ist es vorbei mit der guten Verbindung.
Dominik Stingl ist einer der Wissenschaftler der TU Darmstadt, die an einer technologischen Lösung für diese Problem arbeiten. Und wenn es nach Stingl geht, dann gehören diese Probleme bald der Vergangenheit an. MAKI hat das Ziel, „dass solche Engpässe vermieden werden und – wie beim Fernsehen – im Idealfall die ganze Republik oder die ganze Welt versorgt werden kann.“
Das ganze muss man sich in etwa so vorstellen: Wenn hundert Fußballfans über eine Internet-Quelle auf das Länderspiel zugreifen, dann gibt es keine hundert direkten Zugriffe, sondern nur einen einzigen, etwa von Felix. Und Felix verteilt den Stream dann weiter an andere Fans in seiner Nähe, welche wiederum das Video empfangen und selbst weiterleiten.
Wie bei einem Baum mit vielen Ästen verteilen sich die Daten weiter an andere Konsumenten. Im Internet ist diese Methode bereits als P2P (Peer-to-Peer, direkte Kommunikation zwischen Nutzern) bekannt. „Der Gedanke dahinter ist, dass die Konsumenten die Inhalte nicht nur von einem Server nehmen, sondern gleich wieder anbieten“, erklärt Stingl. Eine Art ständiges Geben und Nehmen.
Bis dahin ist es für die Forscher aber noch ein weiter Weg. Die technische Umsetzung muss perfektioniert werden, die Verbindungen stabil laufen. Wie lange hält etwa ein Akku, wenn er ständig Daten empfängt und weiterleitet? Und wie kann man Verzögerungen verhindern, wenn man am Ende dieser langen, mobilen Kette steht? Niemand will den Nachbarn schon über das Tor jubeln hören, während man selbst noch bei der Nationalhymne ist. Die Wissenschaftler der TU Darmstadt sind sich solcher Probleme durchaus bewusst und arbeiten an Lösungen.
Fußball-Fans wie Felix müssen sich also noch etwas gedulden, bevor sie – wie einst der Kaiser Franz Beckenbauer – singen können: „Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein, weil sie eines im Leben können: Füreinander da zu sein.“
Autor: Jan Michelsen, 27, Student für Online-Journalismus, Autor, auf der Suche nach Verlegern