Beste Bachelorarbeit: Speerwürfe mit Sensoren analysieren
Sebastian Fenns Forschung zur sensorbasierten Analyse von Speerwürfen wurde zur besten Bachelorarbeit am Fachgebiet Multimedia Kommunikation an der TU Darmstadt gekürt.
Komplexe Bewegungen faszinieren Sebastian Fenn. Wirft seine Schwester einen Speer im hessischen Kader, können jedoch weder er noch der Trainer mit bloßem Auge verfolgen, was genau passiert.
Ein Glück, dass Sebastian Fenn Informatik studiert und ein Seminar bei Philipp Müller am Fachgebiet Multimedia Kommunikation belegt hat. Kurzerhand macht er das Speerwurf-Problem zum Thema seiner Bachelorarbeit – die nun zur besten am Fachgebiet gekürt worden ist.
Das Ziel: Speerwürfe mithilfe von Sensoren genau wahrnehmen
Wichtigste Helfer für Sebastian Fenns Forschung sind Sensoren. Ein Gyroskop, das die Winkelgeschwindigkeiten von Drehbewegungen misst, sowie ein Beschleunigungssensor sollen die schnelle Speerwurf-Bewegung sichtbar machen und seine Schwester beim Trainieren unterstützen. „Ich schaffe eine neue Art der Wahrnehmung für diese Bewegung“, sagt Sebastian Fenn selbstbewusst.
Noch nehmen Trainer:innen die Wurfbewegungen meist im Videoformat auf und analysieren im Nachgang. Vor allem bei Profisportler:innen nutzen sie dazu eine vorinstallierte Anlage mit mehreren Kameras, welche den Speerwurf von verschiedenen Seiten aufnehmen. Solch eine Anlage steht beispielsweise im Olympiastützpunkt in Frankfurt. Mit der Analyse von Speerwürfen durch Sensoren hofft Sebastian Fenn, den Sportler:innen eine Möglichkeit zu geben, unabhängig vom Ort und äußerst genau an ihrer Wurfmethode zu arbeiten.
Datenerfassung per App
Dafür wälzt der 23 Jahre alte Informatiker nächtelang Sportbücher, befestigt Sensoren an Schweißbänder, macht Versuche mit den Kaderathlet:innen, sammelt Daten zum Beispiel zur Winkelgeschwindigkeit, programmiert und läuft in voller Montur durchs Elternhaus. Letztlich kommt er zu dem Schluss, dass die Sensoren die brauchbarsten Daten liefern, wenn er sie an den Fußgelenken, am Handgelenk der Wurfhand und an der Hüfte befestigt.
Die Daten erfasst Sebastian Fenn per App. Deren genaue Analyse führt er derzeit noch am Computer durch. Langfristig will er jedoch die App optimieren, sodass sie die entsprechenden Analysen direkt anzeigt.
Wie gut ist die Analyse von Speerwürfen mit Sensoren?
Viel Arbeit hat Sebastian Fenn in die Entwicklung des sensorbasierten Systems zur Analyse von Speerwürfen gesteckt. Doch wie gut ist das System? Um das herauszufinden, stülpt er rund 30 Speerwerfer:innen verschiedener, selbstdefinierter Leistungsklassen die Schweißbänder mit den Sensoren über, filmt unzählige Würfe und vergleicht die Analysen von Sensoren und Trainer:innen.
Das Ergebnis: Je besser der oder die Sportler:in, desto hilfreicher die Unterstützung durch die Sensoren in der Analyse der Speerwürfe. „Bei krassen Anfängern bringt das System nicht viel“, sagt Sebastian Fenn. Diese machten einfach noch zu viele Fehler, welche zudem auch mit bloßem Auge sichtbar seien. Die sensorbasierte Bewegungsanalyse bietet Anfängern also keinen Mehrwert.
Ganz anders bei guten Speerwerfer:innen, die vor allem an technischen Feinheiten arbeiten müssen. Bei ihnen identifizieren die Sensoren auch solche Details im Bewegungsablauf, die der Trainer nicht sieht. Im Schnitt aller Leistungsklassen liegt Sebastian Fenns sensorbasierter Prototyp zu 83 Prozent richtig mit seiner Einschätzung – und übertrifft damit in 14 Prozent der Fällen die Einschätzung des Trainers, so das Résumé der Bachelorarbeit.
Vom Prototyp zum persönlichen Speerwurf-Coach
Viele der Trainer hätten bereits Interesse an dem System bekundet, sagt der frischgebackene Bachelorabsolvent. Im Masterstudium will Sebastian Fenn die Sensoren nun weiter optimieren.
Sie sollen besser am Körper angebracht werden können, außerdem will er die App nutzerfreundlicher gestalten und sie bestenfalls mit einer zusätzlichen Videoanalyse kombinieren. Auf diese Weise könnten Trainer:innen durch die Sensoren die entscheidenden Stellen noch einmal in Slowmotion anschauen. Mithilfe Künstlicher Intelligenz könnten Benutzerprofile zudem individuell angelegt werden. Denn jeder Sportler:in hat ein ganz eigenes Bewegungsprofil. Auch darüber ist sich Sebastian Fenn bewusst.
Mit seiner Bachelorarbeit ist ein erster Meilenstein gelegt. Sebastian Fenn konnte zeigen, dass die Analyse von Speerwürfen mit Sensoren zumindest Profis einen erheblichen Mehrwert bringt. Nun freut er sich darauf, das System weiter zu entwickeln und seine Schwester und all die anderen Athlet:innen beim Training zu unterstützen.
Warum Sebastian Fenns Bachelorarbeit zur besten seines Jahrgangs gekürt wurde
Man könne fast ein Start-Up auf Grundlage der Bachelorarbeit gründen, zeigt sich die Jury begeistert. Überzeugt hat sie auch das sehr gute Abstract, die Schreibweise und die gute Struktur. Die Herleitung zu Ablauf, Messgrößen und Modellen sei top gewesen. Sie habe einen sehr guten Überblick zu bisherigen Arbeiten gegeben und die Forschungslücke gut erläutert. Außerdem sei die Auswertung sehr gut gewesen, in der Sebastian Fenn das Feedback von Trainern und die Ergebnisse vom System verglichen hatte. Zu guter Letzt überzeugte die Arbeit durch einen sehr guten Ausblick.
Tipps von Sebastian Fenn für alle, die an ihrer Bachelorarbeit schreiben:
- Sucht euch ein Thema, das euch interessiert.
- Sucht den Austausch mit anderen Leuten und sprecht über euer Thema. Vor allem der intensive Austausch mit seinem Betreuer Philipp Müller habe ihm viel geholfen.
- Lasst die Arbeit gestaffelt gegenlesen und gebt sie nicht erst ganz zum Schluss fünf Leuten gleichzeitig.
- Sucht frühzeitig nach einem Thema und einem Betreuer:in. Dann könnt ihr euch mit Glück bereits in anderen Veranstaltungen (z.B. Seminar und Praktikum) in die grundlegende Thematik einarbeiten.
Das Fachgebiet Multimedia Kommunikation gratuliert Sebastian Fenn herzlich zur besten Bachelorarbeit 2021!
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