Wer denkt was!?
Robert Lokaiczyk und Tobias Klug haben ihre ersten Schritte in die Selbstständigkeit als Teil und in Kooperation mit dem Fachgebiet Multimedia Kommunikation gemacht. 2010 sind sie mit einem besonderen Ziel angetreten: eine Software zu entwickeln, mit der Städte, Gemeinden und Landkreise ihre Bürger stärker in politische Prozesse einbinden können, um durch Bürgerbeteiligung und Transparenz wieder mehr Vertrauen und Verständnis für die Politik zu schaffen. Mit Erfolg, denn ihre Ausgründung, die „wer denkt was GmbH“, ist mit Software-Lösungen zur Bürgersprechstunde, zum Bürgerhaushalt und zum Anliegenmanagement mittlerweile für Expertenwissen auf dem Gebiet der digitalen Bürgerbeteiligung deutschlandweit bekannt. Im Interview schildert Robert Lokaiczyk die besonderen Herausforderungen bei einer Ausgründung und gibt Tipps für Nachwuchs-Unternehmer.
>> Wissenschaft und Praxis – das ist in den Köpfen vieler immer noch ein krasser Widerspruch. Für Euch nicht, denn eure Unternehmung „wer denkt was“ ist im Umfeld von KOM und der TU Darmstadt entstanden. Könnt ihr kurz beschreiben, wie es dazu kam?
<< Wir haben bei KOM ein Forschungsprojekt bearbeitet, das thematisch unmittelbar zu unserer Gründung führte, weil wir spannende theoretische Ansätze entwickelt aber noch kein Produkt im Markt dafür gesehen haben. Den Sprung zu wagen, braucht dann zwar Mut, ist aber auch naheliegend. Ralf Steinmetz, KOM und die TU Darmstadt haben uns durchgehend unterstützt und waren immer darum bemüht, wissenschaftliche Forschungsergebnisse in die Praxis zu transferieren.
>> Wie seid ihr dann vorgegangen – und hat euch der wissenschaftliche Background dabei geholfen?
<< Wir haben uns zunächst über die Universität auf ein EXIST Gründerstipendium beworben, ein Förderprogramm des Bundes für akademische Ausgründungen, bei dem Personal- und Sachkosten für die Phase der Produktentwicklung übernommen werden. Es folgten die Business-Inkubation der ESA und schließlich das „Flügge werden“ mit ersten namenhaften Kunden, einem eigenen Büro und Mitarbeitern. Immer hat uns unser wissenschaftlicher Background einen Vertrauensvorschuss gegeben und das spezielle Know-How hat uns außerdem geholfen, gute Software-Lösungen zu finden.
>> Was waren die besonderen Herausforderungen, mit denen ihr als frische Gründer zu kämpfen hattet?
<< Wir sind zunächst sehr naiv gestartet und haben angenommen, dass die Welt nur auf unsere Produkte gewartet hat. Je nach Umfeld dauert es aber einige Zeit, bis aus einem Forschungsprototypen ein marktreifes Produkt geworden ist. Kundenbedürfnisse sind real oft andere als man initial annimmt. So verändert sich das Produkt doch meist erheblich, bis es zum ersten echten Verkauf kommt. Diesen Prozess sollte man also möglichst früh mit Pilotkunden oder permanentem Nutzerfeedback starten.
>> Ich bin mir sicher, dass in den Köpfen vieler unserer Studenten gerade eine Idee wächst, die zu einer Ausgründung führen könnte – was würdet ihr euren Nachfolgern raten?
<< Zunächst sollte man das Studium abschließen und dann richtig durchstarten. Wichtig ist die frühe Vernetzung mit anderen Gründern und Mentoren. Die Universität bietet interessierten Gründern eine kostenfreie Anlaufstelle, die in allen Phasen der Unternehmensgründung berät. Produkt, Geschäftsmodell, Team, Finanzierung: Hier werden Schwachstellen erkannt und konkret adressiert. Regelmäßige Veranstaltungen bieten einen guten ersten Einstieg in die Start-Up-Welt.
>> Fazit: Wissenschaft und Praxis – geht es zusammen oder sitzt man an der Universität doch in einem Elfenbeinturm?
<< Wir sind sehr stolz auf unsere Karriere an der TU Darmstadt und speziell bei KOM, bei der wir das notwendige Know-How erworben haben, um Probleme zu erkennen und durch Produkte zu lösen. Aus unserer Sicht sollten Wissenschaft und Wirtschaft immer Hand in Hand gehen, in vielen Fällen bedingen sie sich sogar gegenseitig. Zum Beispiel stehen wir noch heute im regen Austausch mit unseren ehemaligen Kollegen bei KOM.
>> Vielen Dank für das Gespräch!