Hessischer IKT-Beauftragter: Rückblick auf zwei Jahre Amtszeit
Ralf Steinmetz war in den vergangenen zwei Jahren weltweit für das Land Hessen unterwegs. Seine Aufgabe: Im Ausland sollte er auf die deutsche, speziell hessische IKT-Kompetenz aufmerksam machen.
Was sind die Aufgaben des hessischen Beauftragten für Informations- und Kommunikationstechnologie?
Zentrale Aufgabe ist es, weltweit für IKT-Kompetenz aus Hessen zu werben, also Standort-Marketing. Als Repräsentant für die deutsche, speziell hessische IKT-Branche habe ich gezielt mit Multiplikatoren und Entscheidern weltweit gesprochen. Im Team waren wir unter anderem in den USA und in Südamerika unterwegs, um sowohl mit Unternehmern als auch mit Politkern und Kammervertretern über neue Technologien zu sprechen. Dabei haben wir auch deutsche Forschung und IKT-Unternehmen vorgestellt. Mir hat es geholfen, dass ich sowohl in der Industrie als auch in der Forschung gearbeitet habe und somit die unterschiedlichen Erwartungen kenne.
Warum braucht gerade Hessen einen IKT-Beauftragten – was ist das Besondere am Standort?
In Hessen, speziell im Raum Rhein-Main-Neckar, haben wir viele große Firmen, die IT brauchen und nutzen. Der Bedarf an exzellenten IT-Lösungen ist also sehr hoch, beispielsweise bei Unternehmen wie Merck oder Opel. Außerdem haben wir eine hohe Dichte an kleinen und mittleren IT-Unternehmen. Andere sprechen auch vom „Silicon Valley“ Europas. Hinzu kommen große IT-Firmen wie die Software AG und einige Forschungsinstitutionen und Hochschulen, die im IKT-Bereich stark sind, wie die TU Darmstadt.
Ist Ihnen bei Ihren Reisen als IKT-Beauftragter etwas im Gedächtnis geblieben?
Wir haben in Kalifornien Ausgründungen aus Universitäten besucht, darunter auch einige mittlerweile größere Unternehmen wie beispielsweise YELP, das ja auch im deutschen Raum sehr bekannt ist. Davon war ich sehr beeindruckt. Die Gründermentalität in den USA ist eine ganz andere. Es gibt eine große Begeisterung für technische Innovation und neue Ansätze. Die jungen Unternehmer dürfen probieren und auch scheitern. Wenn mal etwas schief geht, dann nimmt einem das niemand krumm – es ist immer noch besser, als gar nichts zu probieren.
Natürlich kann man nicht jeden Tag das nächste Facebook erfinden, aber in den USA gibt es einen heute noch viel besseren Nährboden für junge Menschen, die tolle Ideen haben. Für Deutschland und speziell Hessen würde ich mir wünschen, dass wir uns in nicht allzu weiter Zukunft eine Scheibe davon abschneiden. Wir brauchen eine bessere Vernetzung von Forschung und Industrie und mehr Risikobereitschaft. Das bringt mit sich, dass wir in der Wirtschaft und der Politik auch akzeptieren sollten, wenn mal was nicht so klappt wie geplant. Denn es ist ja so: Wo Scheitern verboten ist, ist für konstruktive Kritik kein Raum. Es wird alles so lange schön geredet, bis es nicht mehr nach „Scheitern“ aussieht. Und dann lernt man nichts dazu.
Was wird die IKT-Branche in den kommenden Jahren besonders prägen – und wie muss die Politik darauf reagieren?
Die Politik muss sich technologiefreundlich aufstellen. Hochschulen sind für die Lehre da, ja, aber im selben Masse auch für die Forschung. Wir brauchen weiter Ressourcen für die Forschung, damit wir im internationalen Vergleich auch in Zukunft mithalten können.Wir sollten uns mehr auf die Chancen konzentrieren, als auf die Probleme. Neue Ideen, insbesondere vielversprechende, innovative Gründungen, sollten noch stärker gefördert werden.
Auch organisatorisch sollte die Politik reagieren und Institutionen schaffen, die flexibel und handlungsschnell auf neue Gegebenheiten reagieren können. Es gibt erste Ansätze im E-Government, aber das reicht noch lange nicht. Gerade bei sehr sensiblen Themen, wie Sicherheit oder dem Ausbau der Netzinfrastruktur, sind viele Fragen offen. Wir brauche sowas wie ein „Ministerium für das Internet“ – das muss nicht so heißen, aber es muss mit hochkarätigen, gut vernetzten Fachleuten besetzt sein, die bereit sind, mutige Entscheidungen zu treffen. Die Politik sollte vorausschauend agieren, nicht nur auf Probleme reagieren.