Anlernprozesse in der Fertigung mit Lerntechnologien neu gestalten

Um in der Fertigung erfolgreich zu arbeiten, reichen die in der beruflichen Ausbildung erworbenen Fähigkeiten und das Wissen nicht aus. Ein neuer Mitarbeiter muss die praktische Bedienung der Maschine erst erlernen, bevor er sie selbstständig bedienen kann.

Bei einem automatisierten Fertigungsprozess sollte er verstehen, wie einzelne Arbeitsschritte kontrolliert werden müssen. In der Regel wird dem neuen Mitarbeiter daher ein erfahrener Kollege zur Seite gestellt, der ihn praktisch einweist und in den ersten Arbeitstagen begleitet. Das nennt man „Beistell-Lernen“. Die Methode ist weit verbreitet und etabliert.

Allerdings hat sie Nachteile: Der erfahrene Kollege ist eingebunden und fällt als Arbeitskraft zumindest teilweise aus. Müssen mehrere neue Kollegen angelernt werden, wird der erfahrene Kollege zum Engpass. Das wiederum bedeutet für die neuen Mitarbeiter recht viel Leerlauf.

Und: Das Beistell-Lernen erfolgt häufig ungeplant und zufällig und der Vorgesetzte ist nicht oder zumindest nicht objektiv über den Lernfortschritt informiert. Der erfahrene Kollege kann nur weitergeben, wie er persönlich vorgeht. Das muss aber nicht zwingend die beste Methode sein. Eine aus Sicht der Unternehmensleitung sinnvolle Vereinheitlichung fehlt und möglich Verbesserungspotenziale werden nicht erkannt. Verlässt der erfahrene Mitarbeiter das Unternehmen, geht außerdem seine Kompetenz bei der Wissensweitergabe verloren.

Im Projekt KeaP digital entwickeln und evaluieren wir Konzepte und Lösungen, um Anlernprozesse mittels Lerntechnologien so zu gestalten, dass die genannten Nachteile beim Beistell-Lernen vermieden werden. Unsere KeaP-Autorenlösung soll es den erfahrenen Mitarbeitern in der Fertigung ermöglichen, die Anlernprozesse systematisch zu strukturieren, die für einzelne Arbeitsschritte notwendigen Fähigkeiten und das notwendige Hintergrundwissen zu explizieren und im letzten Schritt Lernaufträge zu formulieren. Zu diesem Zweck entwickeln unsere Partner von der Kompera GmbH Leitfragen zu den genannten Aspekten und beispielhafte Lernaufträge zur Orientierung. Wir setzen das Konzept in einer Web-basierten Anwendung um.

Sind die Arbeitsschritte und Lernaufträge definiert, können neue Mitarbeiter zeitlich flexibel in einer Lernanwendung darauf zugreifen und ihren Fortschritt dokumentieren. Sicherlich werden viele Lernaufträge weiterhin praktisch an der Maschine stattfinden. Andere sollen aber mittels digitaler Lernmaterialien umgesetzt werden. Vorstellbar sind Videos, die einzelne Arbeitsschritte dokumentieren. Für den erfahrenen Kollegen wäre das eine deutliche Entlastung.

Das Projekt KeaP digital – Kompetenzentwicklung am Produktionsarbeitsplatz durch digitale Medien und innerbetriebliche Lernbegleiter – wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01PD15010B und des Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union (ESF) gefördert.

Projektpartner in KeaP digital sind:

Weitere Informationen zu den vom BMBF geförderten Projekten im Bereich der Beruflichen Bildung mit digitalen Medien finden Sie unter www.qualifizierung-digital.de.

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